Antrag vom 03.06.2020
Der Synergiepark Vaihingen/Möhringen ist heute schon Stuttgarts größtes Gewerbegebiet. Durch weitere Firmenansiedlungen wird sich die Zahl der Arbeitsplätze in den kommenden zehn Jahren auf 40.000 Arbeitsplätze nahezu verdoppeln. Wir begrüßen und unterstützen diese Entwicklung, da die Gewerbesteuerzahlungen der Unternehmen dort dem Gemeinderat einen Großteil der finanziellen Spielräume eröffnet, die er für seine politischen Entscheidungen zum Wohle der Stuttgarter Bevölkerung braucht.
Wir sehen aber ebenso auch die Folgen dieser Entwicklung, die heute schon zu langen Staus im Berufsverkehr rund um den Synergiepark und Belastungen in den angrenzenden Wohngebieten durch den Schleich- und Parksuchverkehr führt.
Zur Lösung der Probleme hat die Stadtverwaltung vor drei Jahren einen umfassenden Verkehrsstrukturplan (GRDrs. 551/2017) vorgelegt. Er sieht ein ganzes Bündel von Maßnahmen vor, mit denen die Situation für die Verkehrsarten innerhalb des „Modal Split“, also den Straßenverkehr, den ÖPNV sowie den Radund Fußgängerverkehr im Synergiepark und den angrenzenden Stadtbezirken Möhringen und Vaihingen verbessert werden soll.
Wir unterstützen diese Vorschläge in ihrer Gesamtheit, zu denen im Bereich des ÖPNV zum Beispiel die direkte Verbindung zum Flughafen/Messe durch eine neue Stadtbahn-linie oder Seilbahntrasse sowie beim Radverkehr die Umsetzung des Radverkehrskonzeptes unter anderem durch den Bau von Radwegen und Radfahrstreifen sowie Lückenschließungen im Hauptradroutennetz gehören.
In Kapitel „5. Motorisierter Individualverkehr (MIV)“ widmet sich der Verkehrsstrukturplan dem wichtigsten Vorschlag für das Gewerbegebiet in einem eigenen Kapitel mit der programmatischen Überschrift „Stufenweise Kapazitätserweiterung der Nord-Süd-Straße“. Wörtlich heißt es dort: "Eine zentrale Maßnahme zur Verbesserung der Erreichbarkeit des Synergieparks ist der stufenweise Ausbau der Nord-Süd-Straße, der für den Abschnitt zwischen Industriestraße und A8 bereits 2008 vorgeschlagen worden ist.“
Und nicht weniger dynamisch geht es weiter: "Die Kapazitätssteigerung der Nord-Süd-Straße kann in Ausbaustufen erfolgen, von denen der Ausbau der vier Knotenpunkte (...) die erste Ausbaustufe ist. (...) Die nächsten beiden Ausbaustufen bestehen im Ausbau der Strecke zwischen Hengstäckertunnel und Industriestraße auf drei Fahrstreifen und dem vierstreifigen Ausbau des Abschnitts zwischen Industriestraße und A8.“
Was den Streckenabschnitt in Richtung Norden anbelangt, wird grünes Licht mit der Feststellung gegeben, dass die „lichte Weite der drei Straßenunterführungen im Abschnitt zwischen Industriestraße und Hengstäckertunnel einen dreistreifigen Straßenquerschnitt mit Einschränkungen“ heute schon zulasse.
Und zum Schluss des Kapitels steht nicht nur die klare Botschaft: „Angesichts der langfristigen Entwicklungsperspektiven für den Synergiepark ist ein Ausbau des gesamten Straßenzuges zu empfehlen“, sondern auch die ebenso deutliche Empfehlung, wie das umzusetzen sei: durch den „Ausbau der Strecke zwischen Hengstäckertunnel und Indu-striestraße auf drei Fahrstreifen und dem vierstreifigen Ausbau des Abschnitts zwischen Industriestraße und A8“.
Mit der aktuellen GRDrs. 152/2020 "Verkehrskonzept SynergiePark Vaihingen/Möhringen" legt die Verwaltung nun ihre Pläne für mehrere Straßenumgestaltungen innerhalb des Synergieparks (Anlagen 1 und 2) wie auch in Anlage 3 zur Umgestaltung der Knotenpunkte entlang der Nord-Süd-Straße vor. Diese Umgestaltungen werden als „kurz- und mittelfristige Maßnahmen“ eingestuft, während hingegen der Ausbau der Nord-Süd-Straße, des schienen- oder auch seilgebundenen ÖPNV und des P+R-Angebotes als „längerfristige Maßnahmen“ eingeordnet sind. Wir stimmen mit der Verwaltung darin überein, dass die Umgestaltung der Knotenpunkte entlang der Nord-Süd-Straße möglichst rasch kommen muss. Nicht verstehen können wir hingegen, weshalb die anderen aufgeführten Ausbaumaßnahmen, die in ihrer Gesamtheit für deutliche Verbesserungen vor Ort führen werden, auf die lange Bank geschoben werden sollen. Nur die Verwirklichung sämtlicher Maßnahmen in einem engen zeitlichen Zusammenhang führen zu einer spürbaren Linderung der Verkehrsprobleme vor Ort.
Speziell der Bau eines P+R-Parkhauses mit ausreichend vielen Stellplätzen entweder über der A8 oder direkt an der Nord-Süd-Straße in unmittelbarer Nähe zum überörtlichen Straßenverkehrsnetz von A8 und B27 kann wiederum die Zahl der heute schon bestehenden Stellplätze im Synergiepark zu Gunsten weiterer Busspuren oder zusätzlicher Rad-wege reduzieren. Der Synergiepark insgesamt und die benachbarten Wohngebiete würden vom Durchfahrtsverkehr entlastet und der Parkraum in den umliegenden Wohngebieten durch die Möglichkeit der Parkraumbewirtschaftung den dortigen Anwohnerinnen und Anwohnern vorbehalten bleiben.
Dass es weiterhin Autoverkehr geben wird, zeigen die Ergebnisse der aktuellen Mobilitätsumfrage der Wirtschafts- und Industrievereinigung Stuttgart e. V. (WIV). So nutzen mehr als die Hälfte der rund 5.000 befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihr Auto, um zum Arbeitsplatz im Synergiepark zu kommen. Warum das so ist, begründen 46 Prozent damit, dass sie über 20 und bis zu 40 Kilometer (14 Prozent sogar darüber) an einfacher Wegstrecke zurücklegen müssten und es dafür keine gleichwertigen ÖPNV-Verbindungen gebe. Als Folge davon sitzen 64 Prozent von ihnen für jede der beiden täglichen Wegstrecken bis zu eine Stunde im Auto, 17 Prozent noch länger. Gibt es in Zukunft ein größeres P+R-Angebot zum Beispiel in einem neuen Parkhaus mit ÖPNV-Anschluss entweder über der A8 oder direkt an der der Nord-Süd-Straße, bietet sich diesen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus unserer Sicht die Chance, ihr Auto dort abzustellen und mit Stadtbahn oder Seilbahn zum Arbeitsplatz zu kommen.
Für völlig abwegig halten wir die auf Seite 8 der Begründung angekündigte und auf Blatt 3 in der Anlage 3 planerisch dargestellte Kehrtwende der Verwaltung, zugunsten eines neuen, direkt neben der Nord-Süd-Straße verlaufenden Radschnellweges auf den bisher vorgesehenen dreistreifigen Ausbau der Nord-Süd-Straße zwischen Industriestraße und Hengstäckertunnel komplett zu verzichten. Diese Vorgehensweise der Verwaltung ist allein deshalb schon inakzeptabel, weil sie ohne Zahlen, Daten oder Begründung den im eigenen Verkehrsstrukturplan noch selbst empfohlenen Ausbau dieses Streckenabschnittes jetzt und in Zukunft hinfällig macht.
Zur Vorbereitung einer ähnlichen Entscheidung für die möglichen Ausbauvarianten des südlichen Teils der Nord-Süd-Straße zwischen Industriestraße und A8 hat der Gemeinderat hingegen auf Vorschlag der Verwaltung bereits im Juli letzten Jahres eine Voruntersuchung in Auftrag gegeben. Warum dieses Vorgehen jetzt nicht auch für den nörd-lichen Streckenabschnitt vorgeschlagen wird, bleibt ein Mysterium der Verwaltung.
Wir sind nicht bereit, diese überraschende Wende zu akzeptieren oder gar mitzutragen. Deshalb beantragen wir folgende a.) Änderungen und b.) Ergänzungen der vorliegenden Beschlussvorlage mit der GRDrs. 152/2020:
a.) Änderungen (in fett) der Beschlussziffer 2.
2. Der Vorplanung zur Umgestaltung der Knotenpunkte Nord-Süd-Straße / Heilbrunnenstraße, Nord-Süd-Straße / Vaihinger Straße und Nord-Süd-Straße / Zusestraße gemäß Anlage 3 wird zugestimmt, ohne auf den dreispurigen Ausbau des nördlichen Streckenabschnittes zwischen Industriestraße und Hengstäckertunnel zu verzichten.
Deshalb wird auch auf Seite 8 der Begründung der erste Satz komplett gestrichen und durch die folgende Formulierung ersetzt:
„Für den Streckenverlauf des vorgeschlagenen neuen Radschnellweges entwickelt die Verwaltung einen geeigneten Vorschlag, der nicht in Konkurrenz zum Ausbau der Nord-Süd-Straße auf diesem Streckenabschnitt steht, im Sinne des Gesundheitsschutzes der Radfahrerinnen und Radfahrer nicht direkt neben der stark befahrenen Straße liegen und existierende Radwege mit einbeziehen sollte."
b.) Ergänzungen (in fett) durch die zusätzliche Beschlussziffer 3.
Dem Beschlussantrag wird eine zusätzliche 3. Beschlussziffer mit folgenden drei Unterpunkten hinzugefügt:
„3. Die Verwaltung wird aufgefordert, die folgenden drei Maßnahmen aus dem vorliegenden Verkehrsstrukturplan schneller voranzubringen:
a) Voruntersuchung der Ausbauvarianten für die Nord-Süd-Straße zwischen Industriestraße und Hengstäckertunnel beauftragen
Die Verwaltung vergibt so rasch wie möglich eine Voruntersuchung zum Ausbau der Nord-Süd-Straße in Richtung Norden, wie es der Gemeinderat auf Vorschlag der Verwaltung bereits im Juli 2019 für den südlichen Teil der Nord-Süd-Straße beschlossen hat."
b) Konzept für das Parken zusammen mit allen Beteiligten erarbeiten
Die Verwaltung nimmt Gespräche mit den Bezirksbeiräten beider Stadtbezirke und der WIV Stuttgart auf, um sich auf ein gemeinsames Parkkonzept zu verständigen. Dieses Konzept sollte neben dem Bau eines ausreichend großen P+R-Parkhauses mit direktem Anschluss an das überörtliche Straßenverkehrsnetz von A8 und B27 sowie einer ÖPNV-Direktverbindung zum Synergiepark auch einen Lösungsvorschlag für das Thema Anwohnerparken enthalten."
c) Weitere Maßnahmen aus dem Verkehrsstrukturplan voranbringen
Die Verwaltung entwickelt einen Vorschlag, wie der komplette Ausbau der Nord-Süd-Straße sowie des schienen- oder seilgebundenen ÖPNV schneller als bisher vorgeschlagen umgesetzt werden kann und berichtet mindestens einmal jährlich im Ausschuss für Stadtentwicklung und Technik (STA) sowie in den Bezirksbeiräten von Vaihingen und Möhringen über den Umsetzungsstand der im Verkehrsstrukturplan dargestellten Maßnahmen