Antrag vom 24.09.2018
Obwohl es dem Land Baden-Württemberg und der Landeshauptstadt Stuttgart in den letzten Jahren mit vielen Maßnahmen und gestützt durch den technischen Fortschritt im Maschinen- bzw. Fahrzeug- und Motorenbau gelungen ist, die Schadstoffsituation der Stuttgarter Luft deutlich zu verbessern, sieht sich das Land aufgrund von durchaus umstrittenen Gerichtsurteilen dazu gezwungen, den Luftreinhalteplan für die Landeshauptstadt Stuttgart fortzuschreiben und teils drastische Maßnahmen vorzuschlagen.
Im Entwurf des Luftreinhalteplans ist an verschiedenen Stellen von der "Verhältnismäßigkeit" der zu ergreifenden Maßnahmen die Rede. Diese Verhältnismäßigkeit sehen wir Freie Wähler insbesondere bei der räumlichen Ausdehnung der angedachten Fahrverbote (Maßnahme M1) nicht gewahrt. Für viele Autobesitzer in Stuttgart und der Region käme dieser Eingriff einer Enteignung gleich, weil sie ihr Fahrzeug ab 2019 nicht mehr nutzen könnten. Daher lehnen wir Freie Wähler flächendeckende/ stadtweite Fahrverbote ab, die alle Stadtbezirke - auch die äußeren - betreffen. Wenn überhaupt, dann sollte ein Fahrverbot nur für die Innenstadt bzw. den Talkessel gelten.
Da der technische Fortschritt weitergehen wird, ist für die Zukunft mit einer kontinuierlichen Verringerung des Schadstoffausstoßes bei Kraftfahrzeugen zu rechnen. Auch vor dem Hintergrund dieser absehbaren Entwicklung scheinen uns Fahrverbote überzogen. Als eine Möglichkeit, eine schnellere Verbesserung der Schadstoffwerte zu erreichen, sehen wir die angedachten Hardware-Nachrüstungen bei älteren Diesel-Fahrzeugen, die aber a) zugelassen und b) von der Autoindustrie bezahlt werden müssten.
Unerklärlich ist uns der Umgang des Landes mit einigen der in Kapitel 5.3 ("Untersuchung weiterer Maßnahmen") des Entwurfs zum Luftreinhalteplan beschriebenen Maßnahmen:
a. Da der Gemeinderat bereits viel Geld für den Abriss und den Neubau der Auffahrtsrampe Friedrichswahl in Stuttgart-Zuffenhausen bereitgestellt hat, muss diese in Kapitel 5.3.2 beschriebene Maßnahme aus unserer Sicht als konkrete Maßnahme in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden.
b. Auch die beschlossene Tarifzonenreform im VVS (Kapitel 5.3.7), die am 01.04.2019 in Kraft treten wird, ist eine konkrete Maßnahme, die sich auch als solche im Luftreinhalteplan wiederfinden muss.
c. Gleiches gilt für den BW-Tarif (Kapitel 5.3.8), der Ende 2018 startet.
d. Das in Kapitel 5.3.9 beschriebene, kommunale Förderprogramm zum Austausch von Öl und Festbrennstoffheizungen (in Höhe von 4 Mio. Euro bis 2020) gibt es bereits (siehe GRDrs 1377/2017) und muss deshalb im Luftreinhalteplan Anerkennung als konkrete Maßnahme finden.
e. Die in Kapitel 5.3.10 beschriebenen, "innovativen Ideen", wie zum Beispiel die Feinstaub-Filtersäulen der Firma Mann und Hummel oder der Ersatz des herkömmlichen Straßenbelags der B14 auf Höhe des Neckartors durch HighTech-Asphalt, sind schnellstmöglich umzusetzen und damit als konkrete Maßnahmen zu werten.
Besondere Erwähnung muss das Kapitel 5.3.1, "Mittel- und langfristig wirkende Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität" finden. Darin heißt es: "...Im Sinne der Luftreinhaltung müssen deshalb vor allem jene Maßnahmen geplant und ggf. schnellstmöglich realisiert werden, die zu einer Entlastung des Talkessels vom Durchfahrtsverkehr führen, dazu zählen insbesondere die im Bundesverkehrswegeplan befindlichen Maßnahmen. Gemäß der Koalitionsvereinbarung schafft das Land bei Planung und Bau die Voraussetzungen, die Maßnahmen des BVWP umzusetzen." Zu diesen Maßnahmen gehört auch der von uns geforderte Bau des Nord-Ost-Rings, dessen Planung sich das Verkehrsministerium des Landes bisher aber verweigert.
Zu einer besonders kuriosen Situation würde der vorliegende Entwurf des Luftreinhalteplans im Nordwesten der Stadt führen: Die beiden Hauptteile der Stadt Korntal-Münchingen, also der Stadtteil Korntal und der Stadtteil Münchingen verfügen über keine öffentliche Straßenverbindung, die nicht über Stuttgarter Gemarkung verläuft. Dies führt dazu, dass mindestens die Fahrzeughalter in Korntal (aber auch die in Münchingen, Kallenberg und Müllerheim) von Fahrverboten auf Stuttgarter Gemarkung vollumfänglich betroffen wären, obwohl sie gar nicht in Stuttgart wohnen und möglicherweise nie nach Stuttgart fahren wollen.
Wir beantragen: