Antrag vom 28.02.2018
Am Samstag, 17. Februar 2018 berichteten die Stuttgarter Tageszeitungen unter der Überschrift "Bahn wittert Betrug mit Käfern" über die Manipulation von artenschutzrechtlichen Befunden an zunächst einem Baum im Rosensteinpark, der im Zuge des Bahnprojekts Stuttgart 21 zusammen mit mehreren anderen Bäumen für den Bau des sogenannten Rosensteinportals gefällt werden musste.
Vor Beginn der Fällarbeiten seien am Fuß des Stammes dieses Baumes Käferkotpillen entdeckt worden, erklärt die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH in einer Pressemitteilung. Beim Abtragen des Baumes habe sich jedoch herausgestellt, dass dieser über keinerlei Mulmhöhlen verfügte, in denen Käfer hätten leben können. Ein unabhängiger Gutachter, der
die Baumfällungen im Rosensteinpark aufgrund einer Auflage des Eisenbahn-Bundesamtes begleitet habe, sei daher zu dem Schluss gekommen, dass die Kotpillen nicht auf natürlichem Wege an den Stammfuß gelangt sein können. Laut dem Gutachter bestünden "hier keine Zweifel an einer gezielten Manipulation".
Untermauert wird diese Äußerung durch den Fund einer mit allerlei Käferteilen gefüllten Flasche, die - so die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH - bei den Fällarbeiten aus einer Höhle eines anderen Baumes geborgen wurde. Es sei zu vermuten, dass die Flasche unbeabsichtigter Weise in die sehr tiefe Baumhöhle gefallen sei.
Aus Sicht der DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH belegen die Funde im Rahmen der Fällarbeiten am Rosensteinportal, dass Manipulationen artenschutzrechtlich relevanterBefunde nicht nur theoretisch möglich sind, sondern auch praktiziert wurden. Dieser Tatbestand nähre den Verdacht, dass möglicherweise auch an anderer Stelle manipuliert worden sei.
Für uns Freie Wähler ist dieser Verdacht nachvollziehbar. Es muss befürchtet werden, dass Gegner von Bauprojekten zur Manipulation von artenschutzrechtlichen Befunden greifen, um den Fortgang von Planungen und Bauarbeiten zu behindern, diese zu verteuern oder ganz zu verhindern. Dabei kann immenser volkswirtschaftlicher Schaden entstehen. Dies insbesondere dann, wenn die Verursacher (Täter) nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Um die Verursacher belangen zu können, die mit erheblicher (krimineller) Energie und sehr bewusst Manipulationen vornehmen, fehlen derzeit offenbar die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Verursacher können so handeln, weil sie wissen, ihnen wird nichts geschehen. Diese Situation kann auch als Einladung zur Manipulation aufgefasst werden.
Darüber hinaus haben wir seit längerer Zeit den Eindruck, dass der grundsätzlich richtige und auch von uns als bedeutend empfundene Artenschutz mittlerweile ein Ausmaß erreicht hat, das nicht mehr in einem gesunden Verhältnis zu anderen, hin und wieder leider konkurrierenden Interessen steht.
In einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Deutschen Bundestag (siehe Drucksachen 19/291 und 19/504) wird die Frage, welche konkreten Änderungen im Naturschutzrecht seit dem Baubeginn des Projekts Stuttgart 21 zu Mehrkosten des Projekts führten, wie folgt beantwortet: "Konkrete Auswirkungen auf die Projektrealisierung und auf die Kosten hatte die Änderung des Artenschutzrechts im Oktober 2007. Dies betrifft die bereits in den Jahren 2005 bis 2007 planfestgestellten Abschnitte 1.1 (Talquerung mit Hauptbahnhof), 1.2 (Fildertunnel), 1.5 (Zuführung Feuerbach/Bad Cannstatt) und 1.6a (Zuführung Ober-/Untertürkheim)."
Durch die Änderung des Artenschutzrechts im Oktober 2007 wurde beim Planfeststellungsabschnitt 1.5 trotz des bereits im Januar 2007 ergangenen Planfeststellungsbeschlusses eine Planänderung nötig, die aufgrund von aufwändigen
Voruntersuchungen und Kartierungsarbeiten sowie der Feststellung von sechs Juchtenkäfer-Verdachtsbäumen schließlich zu zweieinhalb Jahren Verzögerung führte.
Wir fragen: